We, in exit

Performance, Video (HD, 25 min), 2011

mit: Martin Sagmüller, Johannes Bode, Carola Schmidt, Katharina Halmdienst, Günter Schütt

Eisenberger Fabrik, Gmünd, 2011
mo.e, Wien, 2011
Videoscreening: brut, Wien, 2011

“Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die
Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein?” 
Hannah Arendt, 1958

Was tun, wenn das, was uns angeblich zu dem macht, was wir sind – die Arbeit, der Beruf, die Berufung –, nicht mehr in gewohnter Weise verfügbar ist? Das Projekt “we, in exit” beschäftigt sich mit aktuellen Arbeitsbedingungen junger Menschen, vor allem mit Nicht- Arbeit, Als-Ob-Arbeit und Improvisations-Strategien, die als identitätsstiftend jenseits der klassischen Erwerbsarbeit gesehen werden. Euforia & Herbst interviewten ausgewählte Personen und verwendeten diese Aussagen – anonymisiert und neu editiert -, um neue Möglichkeiten und unterschiedliche Be- wegungsansätze zu dokumentieren. Die Erzählungen über selbstbestimmte Arbeit bzw. Nicht-Arbeit wurden in Kooperation mit Carola Schmidt performativ umgesetzt. Aus dem Text entstand eine Performance, die als Mischung aus theatralischem Road Movie, multimedialer szenischer Inszenierung und Videodreh umschrieben werden könnte. Die beiden Performances wurden auf Video aufgezeichnet, im Anschluss wieder neu editiert und zu einem Video montiert.

Strategien der Nicht-Arbeit und der Als-Ob-Arbeit: Stabilisierung des In- stabilen. Exklusion. Kein Befreiungsprojekt.

Ausgangsmaterial und Grundlage für das Projekt “we, in exit” sind 12 längere Interviews, kurze Gespräche und Textfragmente. Die transkribierten Interviews wurden zerschnitten und neu zusammengesetzt. Ein unstrukturierter Diskurs über Arbeit, über das Sprechen über Arbeit, verschiedene Arbeitsformen und –taktiken, über persönliche Geschichten, Bedürfnisse und (Un-)Sicherheiten sowie über das Nich- tstun, Hedonismus und Verweigerung. Die Akteure haben sich für die Performance (und bei der Performance) am Text “abgearbeitet”, gewisse Passagen angeeignet, andere abgelehnt. “Rollen” oder “Rollenbilder” lösen sich nicht nur in der Arbeits- welt, sondern auch in der Performance selbst auf. Diese ist vielmehr geprägt von einem Suchen, einer Unruhe, vom Sprechen über Arbeit und von der Arbeit an der Sprache. Diese Unruhe wird von den “Entspannungsclips” von Carola Schmidt im- mer wieder unterbrochen.

Dem Gedanken des Dokumentar lmemachers Frederick Wiseman, dass das doku- mentierte Material manipuliert werden muss, um als Film zu funktionieren, steht die Frage nach Autorschaft und Sprecherposition gegenüber. In dem Projekt “we, in exit” werden die Verwendung von dokumentierten Aussagen der InterviewpartnerInnen, die Vielstimmigkeit und die Ironie als offengelegte Taktik verstanden, die Differen- zen, Widersprüche und Ambivalenzen durchscheinen lässt. Die Performance wurde in leer stehenden Fabrikhallen bzw. Werkstätten umgesetzt: In der Eisenberger Fab- rik in Gmünd und im mo.e in Wien. Das Element des “Videodrehs” wurde in Performance eingebunden, ebenso wie die nur bruchstückhaft vorhandenen “Narrationen” von Probe, Aufführung, Workshop, Experiment, Selbsthilfehrupper, Ferienlager, etc. So wird eine Dokumentation entwickelt, dessen “Inszenierung” dazugehört.